Archiv der Kategorie: PHILOSOPHISCHES

Schuld und Bühne: Ein Lehrstück über die Unkultur des Todes

Es ist nicht schwer, angesichts der öffentlichen Schlachtung des Giraffen-Bullen Marius im Kopenhagener Zoo in den empörten Singsang des Gutmenschtums einzustimmen. Dabei fußte die moderne Empörungskultur wohl niemals auf loserem Untergrund, als in diesem Fall.

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The Mystery of Forgiveness

In the course of my Buddhism-for-doubters-adventures that I’m currently taking, I now finally seem to have found something that really blew me away. It’s not so much about a way of thinking but a way of doing things, which I find particularly appealing.

Ruth Henderson
is a research professor at Boston University and is running a highly fascinating project with inmates. It’s therapeutical in nature and circles around the idea of „forgiveness“ by introducing participants of her seminars to works of the Dalai Lama and Desmond Tutu, among others.

On her homepage, a final paper of one of her patients has been published, and I think I haven’t read anything more moving, inspiring, and peaceful than this paper in a long time.

This is what trauma therapy and, in a larger context, reflection on our own lives should be about. Learning to make sense of it all, to be aware of reality and the hardships it brings, but to make sense and find peace within the obstacles we confront in the course of it all.

I can only recommend to read Doug’s amazing view on his reality.

Mind Games und Buddha auf Prozac

Weihnachten. Zeit der Besinnung. Ich besann mich also, und weil man ab 30 nur als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft gilt, wenn man eh auch ein bisschen über die Sinnsuche, den neuesten Fair-Trade-Klatsch an der Kasse im Weltladen, Karma und die tausendundein Arten, Matcha-Tee zuzubereiten, parlieren kann, entschloss ich mich zum Buchkauf. Ein Erlebnisbericht aus dem Dschungel der Suchenden.

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Die Sau und das Dorf

photo by http://www.michaelstinnes.de

In der Medienlandschaft ist es nunmal eine Notwendigkeit, regelmäßig eine (andere) Sau durchs Dorf zu treiben. Im letzten und heurigen Jahr hat es da die Deutschen besonders hart getroffen. Zuerst war’s Guttenberg, weil der hat gelogen. Dann war’s Wulff, weil der hat sich einen privaten Kredit geben lassen. In Österreich hingegen war es relativ still, zumindest was die Politik angeht, und das liegt vielleicht auch daran,  dass in Österreich nun mal jeder Akt, der zumindest halbdurchsichtig ist, als Kavaliersdelikt (Minister-Lobbyisten) oder Gott gegebenes Recht (Diplomatenpass auf Lebenszeit?) abgetan wird. Der Österreicher, so scheint es, hat sich daran gewöhnt, dass er in einem Land lebt, in dem gewohnheitsrechtlich Steuern hinterzogen werden, Grassers & Hocheggers ein krummes Ding nach dem nächsten drehen, Korruption zum guten Ton gehört, diverse Tageszeitungen ihre Berichterstattung ausschießlich nach den Wünschen der jeweiligen poltischen „Freundeskreise“  ausrichten und – nicht zu vergessen – das richtige Parteibuch sowie der Nachname und ein „enges Vertrauensverhältnis“ zu jenen Kriterien zählen, die darüber entscheiden, ob man in einem staatsnahen Betrieb Karriere macht oder nicht.

Wenn man sich den „Pelinka-Skandal“ so ansieht, dann könnte man sich eigentlich auch entspannt zurücklehnen und sich einfach nicht aufregen. Ist ja nicht so, dass wir nicht wussten, welche Regeln am Küniglberg und bei der ÖBB und weiß Gott noch wo sonst gelten. Das wissen wir seit Jahren, nichts davon ist oder war jemals ein Geheimnis. Wir wissen, dass poltische Ämter und höhere Positionen in staatlichen und privatwirtschaftlichen Betrieben nach Kriterien vergeben werden, die mit Menschenverstand nicht zu erklären sind. Wir wissen, dass die richtige Verwandtschaft und ein „gutes Netzwerk“ hier mehr Gewicht besitzen als die de facto gegebene berufliche Qualifikation. So werden Prinzen und Prinzessinnen gemacht, immer schon, und die Tatsache alleine, dass im Falle Niko Pelinka ein bisschen Vitamin SPÖ im Spiel war, wäre ja eigentlich eine Randnotiz.

Wäre. Ist es aber nicht. Weil wir eine Sau brauchen, schließlich haben wir 2012, und das Jahr ist jung.

Wenn man sich so durch Talkshows und Leserbriefe arbeitet, dann ist wird man mit einer wilden Melange aus Empörung und apokalyptischen Abgesängen auf die Parteien des Landes und den Rundfunk, welcher all diese Parteien seit Jahren zu mehr oder weniger gleichen Teilen mit Positionen bedient, die entweder überflüssig (Stichtwort ORF – Bundesländerkoordinator) oder in puncto potentielle Einflussnahme definitv schwer vertretbar sind, konfrontiert. Die meisten Stimmen aus dem OFF hängen sich an der Person Niko Pelinka auf. 25 ist der, erst, blond noch dazu, und latent verschnöselt. Laura Rudas‘ Ziehsöhnchen, eine Wurst, Qualifikation mangelhaft. Mag sein, dass der Mann nicht gerade den Sympathiefaktor eines kleinen Eisbären besitzt, aber auch das ist eben Österreich: Der wirkt irgendwie nicht nett, deshalb ist er scheiße.

Die Entrüstung über das, „was da im ORF passiert“, ist ebenso groß wie die Abneigung gegen die Person Pelinka. „Was da im ORF passiert“, damit sind die Postenbestellungen einerseits gemeint (von denen wir als Bürger überdies ohnehin wenig mitbekommen), aber natürlich meint der „Wutbürger“ (wer auch immer die sind, diese Wutbürger) damit auch alles, was mit der Sache an sich nichts zu tun hat. Er meint auch die Gebührenerhöhungen. Er meint auch das Programm, das ihm vielleicht nicht passt. Er meint damit auch die in den Gazetten rum geisternde „Wunschliste“ der neuen ORF-Direktoren (5-er BMW und Weinkühlschrank, so unkt man). Und er meint vielleicht auch die Gehälter, die im ORF in höheren Positionen gezahlt werden.

Durch diese muntere Vermengung von Animositäten reden am Ende doch wieder alle an des Pudels Kern vorbei. Wenn man eine Sau durchs Dorf treibt, so scheint es, dann wird der Sau nun weniger Aufmerksamkeit zu Teil, als dem Vorgang des Treibens an sich.

Poltische Einflussnahme und Postenschacher im ORF hat es immer gegeben, und es wird sie weiter geben. Der ORF ist und war nie ein völlig unabhängiges Medium, genauso wenig wie es das „außergewöhnlichste und wunderbarste Medium“ des Landes ist. Wenn also hier von einem „Sündenfall“ gesprochen wird, dann ist das nichts weiter als der Versuch, den geifernden Mob weiter anzufeuern.

Dass die SPÖ jetzt im Zwielicht steht ist reiner Zufall. Wäre Pelinka bei der ÖVP, würden halt die abgewatscht und man würde Abgesänge auf sie anstimmen.

Dass Niko Pelinka als Person kein Sympathieträger ist und ob seiner Jugend anzunehmenderweise diesem Job nicht voll und ganz gerecht werden kann, darüber kann man diskutieren. Aber bei Sebastian Kurz haben auch alle Mord und Totschlag geschrieen, und so schlecht hat der junge Mann seinen Job als Minister bisher nicht gemacht.

Wirkliches Potential zur Diskussion bieten hier meiner Meinung nach andere Dinge, die aber nicht so gerne ausgebreitet werden, schon gar nicht über den ORF selbst. Niko Pelinka hat keinerlei nennenswerte berufliche Qualifikation, und der einzige Grund, warum er sitzt wo er sitzt ist, dass er ist, wer er ist und Alexander Wrabetz‘ „Vertrauen genießt“. Er hat sich bei der Donau-Uni-Krems einen Abschluss gekauft (Universitätslehrgang für „Politische Kommunikation“)  und ein Praktikum beim Standard absolviert, was man auch mit viel Schwung nicht als ausreichende journalistische Qualifikation bezeichnen kann.  Laut Herrn Wrabetz kann und wird er keinerlei Einfluss auf die Berichterstattung nehmen, hat aber vollen Zugang zum Redaktionssystem des ORF und wird zudem ganz offiziell als „journalistischer Mitarbeiter“ der Verwendungsgruppe 16 angestellt. Wie Gerald Groß, ehemaliger ORFler, gestern recht schön in einer Talkrunde erklärt hat, bedeudet das konkret, dass Niko Pelinka mit der höchsten im ORF möglichen Gehaltsstufe für einen Redakteur in diese Position einsteigt. Also noch konkreter: 5270,65 Euro inkl. Sonderzahlungen und UDZ monatlich brutto.

Und um Gerald Groß gleich noch mal zu zitieren: „Ich verstehe die jungen Leute, und das sind sehr viele, im ORF bei Ö1, FM4 und den zentralen Fernsehredaktionen […] diese Leute machen die Sendungen auch bei der ZIB überhaupt möglich, und arbeiten zum Teil unter prekären Verhältnissen und Situationen. Die arbeiten dort für 1000 Euro, das sind junge, hoffnungsvolle, gscheite und gut ausgebildete Leute die nicht wissen, ob sie im September oder Oktober noch einen Job haben.“

Ich finde, man sollte eher über diesen Umstand diskutieren, als darüber, ob man Niko Pelinka gut findet oder die SPÖ am Ende ist. Weil das, was hier passiert, ein Grundübel der heutigen Wirtschafts- und Arbeitswelt ist. Die Causa Pelinka ist ein Aufreger, weil man so selten wirklich hinsieht, wenn Freunderlwirtschaft betrieben wird. Aber da ist sie immer, und überall. Nicht nur beim ORF, nicht nur bei der ÖBB, nicht nur bei BUWOG & Co. Sie ist in der Medienbranche, in der Werbung sowieso, sie ist überall, wo Menschen von „Networking“ sprechen. Und die mit dem besten „Network“ werden auch weiterhin die besseren Jobs und die besseren Gehälter bekommen.

Und allen die jetzt aufschreien und sagen „Och, das ist doch wieder nur eine Neid-Debatte!“ sei versichert, dass Neid hier definitiv nicht der Motor für die kritischen Anregungen ist. Nur Fassungslosigkeit. Und ein wenig Resignation.

„Der kleine Niko“: Eine Einschätzung von Frau Elfriede Jelinek

Die Bestellung von Herrn Niko Pelinka zum Vorzimmerwauwau des ORF-Chefs wirft aktuell (zurecht) ein paar Fragen auf in diesem Land.

Da sich das österreichische „Leitmedium“ stiefmütterlich mit dieser Thematik beschäftigt – was auch nicht sonderlich überraschend ist – ist es sehr erfrischend, ein paar Stimmen aus der Anderswelt zu hören. Das macht Hoffnung. Irgendwie.

Hier geht’s zu Frau Elfriede Jelineks Geschichte über den Kleinen Niko.